Dienstag, 10. Mai 2005
Meine lieben zurueckgebliebenen* Freunde!
Ich habe mein vorlaeufiges Reiseziel Irkutsk vor knapp einer Woche erreicht. Anlaesslich dieses vermeintlich freudigen Ereignisses habe ich mich nach einigem Zoegern dazu durchgerungen, der von vielen Seiten (Holbe) an mich heran getragenen Bitte nachzukommen, auf dieser Seite die Blogfloete weiterzuspielen. Denn sicher harrt ihr schon sehnsuechtig der packenden Abenteuerberichte aus dem wilden Sibirien! Leider muss ich euch enttaeuschen. Obgleich seit meiner Ankunft hier schon eine Menge Wasser die Angara hinabgeflossen ist (nach meinen Schaetzungen etwas mehr als die Wuhle hinab): mit richtigen Abenteuern kann ich nicht aufwarten.

Immerhin: vor zwei Tagen habe ich den BAIKAL gesehen, dessen nahegelegenstes Ufer in etwa einer Stunde zu erreichen ist. Listwjanka heisst das Doerfchen dort, ganz huebsch anzusehen, aber eine typische Touristenadresse (vielleicht sogar deswegen - raffiniert!). Von den angrenzenden Anhoehen hatte man herrliche Aussicht auf den teilweise noch Eis bedeckten See, derweil ich mir den ersten Sonnenbrand dieses Jahr holte. Auch meinen Begleiterinnen Natascha, Ljuda, Anastasia und Iwona war ganz heiss. Vermutlich auch des sommerlichen Wetters wegen. Der Vollstaendigkeit halber sei gesagt, dass es sich bei den Erstgenannten um Mitarbeiterinnen der “Baikalwelle” handelt, bei denen ich ja irgendwie ein “Praktikum” machen soll. Die anderen Beiden sind polnische Freiwilliginnen aus Wroclaw, deren halbjaehriger Aufenthalt uebrigens von der EU finanziert wird. Schoene Sauerei, dafuer werden also unsere Steuern verbraten! Habe selbstredend ordentlich zugelangt beim gestrigen Abendessen in ihrer Wohnung, zu dem sie mich unvorsichtigerweise auch einluden (he he).

Mit meinen Gasteltern bin ich ganz zufrieden, auch wenn sich ihre Behausung, die von mir so erwartete Holzhuette auf einem Huehnerbein, leider als ortsuebliche Plattenbauwohnung im dritten Stock entpuppte - aber alles huebsch eingerichtet und renoviert. Waehrend Gastpapi Dima ein sehr ruhiger Zeitgenosse ist, der von mir nur bemerkt wird, wenn ich mal an den Computer will (davor sitzt naemlich er), ist Gastmutti Nadja immer sehr, geradezu ruehrend besorgt um mein Wohlbefinden. Auch versorgt sie mich oefters mit Speis und Trank, besonders ueber die gerade zu Ende gehenden Feiertage des “Grossen Sieges”, die hier wie in Moskau mit Paraden, Salutschuessen und Tschingdarassabumm begangen wurden, natuerlich in kleinerem Rahmen, dafuer aber viel entspannter. Ueberhaupt scheint hier alles entspannter zu sein. Ich bin es jedenfalls. Auch wenn es schoen war, mal wieder in Petersburg gewesen zu sein, bin ich nun froh in Sibirien zu sein. Nicht nur das Wetter scheint hier besser, auch bin ich hier mangels befaehigter Gespraechspartner gezwungen russisch zu sprechen - meine letzte Unterhaltung auf deutsch habe ich im Zug hierher gehabt. Ach ja, die Zugfahrt... Aber dazu erst demnaechst!

Es gruesst Wanja

* (in der Heimat)

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