Samstag, 27. November 2004
Als Knaben sind wir aufgebrochen ...
... und als Maenner kamen wir zurueck.

Als todesverachtende und im Wassersport "geuebte" Friedrichshainer wollten wir uns der groessten seglerischen Herausforderung stellen - die Umsegelung von Kap Horn. Mit 800 Wracks und 10.000 Toten ist das Kap der groesste Schiffs- und Matrosenfriedhof der Welt.
Drei Tage klapperten wir in Ushuaia alle Haefen ab und kennen nun jeden Kaeptn persoenlich. Schliesslich konnten wir auf einer 10,50 m kleinen Nussschale anheuern. Zusammen mit dem Kapitaen, seinem Schiffsmaedchenjungen und zwei spanischen Matrosen, bestand unsere Crew aus sechs Mann.
Schon nach der ersten Seemeile mussten wir bei Windstaerke 6 einen in Seenot geratenen Jollenkreuzer bergen. Weiter gings mit Kurs auf Kap Horn. Wir passierten kleine Inseln mit hunderten von possierlichen Pinguinen und feisten Seeloewen, die sich um ein rostiges Schiffswrack tummelten. Bei vollen Segeln dokumentierte Klatte aus 14 m Hoehe von der Mastspitze aus das rege Treiben im Wasser.
Unsere anfangs gute Segelgeschwindigkeit wurde bei den Wollaston-Inseln wegen schlechtem Wetter erheblich reduziert. Zwei Tage lang lagen wir 8 Seemeilen nordwestlich von Kap Horn in einer schuetzenden Bucht vor Anker und sassen das Unwetter aus. Das unvorhersagbare Wetter war erstaunlich. Innerhalb von 5 min erlebte man das gesamte Wetterspektrum eines Jahres.
Am 25.11 hiess es dann endlich "Hisst die Segel!". Ein paar Delfine begleiteten uns raus auf die hohe See. Eine ganze Familie surfte auf unserer Bugwelle.
Mit Klatte am Steuer erreichten wir bei gutem Raumwind um 10.00 Uhr 55º 58.5‘ s und 67º 16‘ w - Kap Horn.
Wir umsegelten das Kap von West nach Ost, da der Wind hier normaler Weise vom Pazifik blaesst. Doch dann passierte das, was wir vermeiden wollten.
Der Wind drehte auf Nordost und wir mussten gegen den Wind kreuzen. Wir wurden weit in den Atlantik rausgetragen. Wir kaempften uns hart am Wind wieder zu den Wollaston-Inseln zurueck. Der Wind nahm kontinuierlich zu. Das Boot kraengte ordentlich. Die Bullaugen der Kajueten waren unter der Wasserlinie. Das Deck wurde geflutet. In ca. 1 km Entfernung tobten 2 riesige Windhosen an uns vorbei. Spaetestens jetzt war die Zeit gekommen uns mit Klettergurten am Boot festzubinden, um nicht von Board gespuelt zu werden. Unser Schicksal war nun im wahrsten Sinne des Wortes mit dem der "Unicornio" verbunden. Mit Reff 3 und halber Sturmfock kaempften wir uns durch die Wellen. Die See begann zu rollen, es bildeten sich dichte Schaumstreifen in Windrichtung und die Gischt verwehte breit uebers Meer. In Boehen erreichte der Sturm jetzt Windgeschwindigkeiten bis zu 100 km/h.
Eine grosse Welle erwischte uns direkt von der Seite und spuehlte badewannenweise Wasser ueber uns hinein. Unsere Michelinkombis leisteten zwar enormes und hielten uns warm, trotzdem waren wir nass bis auf die Knochen.
Auf einmal stockte uns der Atem. Eine Boehe zerrte so stark am Boot, dass der Mast fast parallel zur Wasseroberflaeche lag. Das Boot machte keine Fahrt mehr und wurde vom Wind laengsseits durch`s Wasser geschoben. Das Meer stroemte von Lee ins Boot.
Doch die Unicornio richtete sich abermals auf, denn ihre und unsere Zeit war noch nicht gekommen.
Wir retteten uns in die letzte Bucht vor der beruechtigten Nassau Bay und warteten den Sturm ab. Ueber Nacht flaute es ab, und am naechsten Morgen fuhren wir nach Ushuaia, wo unsere 7taegige Expedition ein glueckliches Ende fand.

... link (5 Kommentare)   ... comment